Zum
Tanzen nach Island…
Endlich war es soweit.
Wir wurden am Flughafen Keflavik abgeholt und
konnten schon einige der anderen Reisenden kennen lernen und auf der Fahrt
schon einen ersten Eindruck von Island aufnehmen. Christiane erzählte uns
bereits auf der Fahrt sehr viel über die Insel und bei mir sickerte langsam die
Erkenntnis durch, dass der Traum nun Wirklichkeit geworden war. Wie lange
hatten wir dieser Situation entgegengefiebert und wie viele Gespräche hatten
sich in den letzten Monaten nur um diese Reise gedreht, an die wir so große
Erwartungen hatten. Und gleichzeitig waren wir drei, meine Freundin Barbara,
ihre Tochter Pia und ich, total nervös, ob wir uns richtig entschieden hatten.
Auf dem Hof angekommen bezogen wir unsere
Hütte. Diese war zwar klein, aber perfekt geplant und eingerichtet, wir fühlten
uns sofort wohl. Und immer wieder mussten wir vors Haus, um die gute
isländische Luft zu inhalieren.
Schnell merkten wir, dass wir am Ziel
angekommen sind und dass vieles einfach anders war als in Deutschland, so gab
es z. B. keinen Schlüssel zu unserer Hütte, weil man das einfach nicht braucht.
Eine Gewissheit, die ich schnell schätzen lernte.
Noch nie in meinem Leben habe ich einen Urlaub
so langfristig geplant und gebucht wie diesen. Anfangs taten wir uns schwer mit
den vielfältigen Angeboten und der Einschätzung unserer Kenntnisse. Nicht
überall wird deutlich erklärt, was vorausgesetzt wird. Und wir hatten schon die
wildesten Gerüchte gehört. Ich schätzte mich bei der Buchung als belesene und motivierte
Anfängerin ein und Barbara hatte bereits eine eigene Isländerstute und trotzdem
wollten wir gemeinsam reiten können – ohne Angst von meiner und ohne Langeweile
von Barbaras Seite.
Und dann fand Barbara den Hof Egilsstaðir 1 an
der Südküste Islands im Internet. Der Hof wird von dem deutsch-isländischen
Ehepaar Christiane Großklaus und Ólafur Lárusson geführt. Bereits die erste
Mail wurde so nett beantwortet, dass wir sicher waren, unseren Hof gefunden zu
haben, und die Reise buchten.
Beim ersten Abendessen lernten wir unsere
Mitreisenden kennen. Es dauerte nicht lange und man fühlte sich in der
Gemeinschaft wohl und freute sich auf die gemeinsamen Unternehmungen.
Besonders gespannt erwarteten wir immer die
„Ansagen“, die meist von einer der Angestellten nach dem Essen gemacht wurden,
wann und wie es weitergehen sollte.
Dir gefällt das Wetter nicht, dann warte fünf
Minuten, dann gibt es ein anderes – empfiehlt eine isländische Redensart. Im
Lauf unseres Aufenthaltes durften wir einiges vom isländischen Wetter kennen
lernen. Und Christianes Vorhersagen trafen immer zu. Wir lernten ihr
Organisationstalent schätzen, wir waren jeden Tag auf dem Pferd und jeden Tag
machten wir einen schönen Ausflug – und immer war es genau richtig geplant.
Vor dem ersten Ausritt war ich mächtig
aufgeregt, als eher ängstliche Reiterin malte ich mir schon aus, wie ich vom
Ausritt überfordert mit letzter Kraft den Hof erreichen würde. – Mit einem
reichlich mulmigen Gefühl machte ich mich an diesem Morgen auf den Weg zum Stall.
Ólafur erwartete uns in der Sattelkammer und hielt uns auf Englisch einen
begeisternden Vortrag über Tölt. Allein der war die Reise wert. Dann teilte er
uns die Pferde zu und bevor wir die Pferde mit Nina und Anna holen gingen,
bekam jeder seinen Sattel und seinen Helm und die Regenhosen. – Natürlich kam
prompt, nachdem ich begeistert das erste Bild von mir im Sattel an die Familie
geschickt hatte, die Frage, warum wir denn in Müllmänneruniform auf dem Pferd
säßen… -
Spannend dann auch, das fremde Pferd in den
Stall zu führen, in dem geputzt und gesattelt wird. Ich fand meine Perla
schnell sehr sympathisch und entspannte etwas, zumal man sich immer und überall
gut betreut fühlte. Im Stall mussten wir dann auch zum ersten Mal aufsitzen, um
zu lernen, wie das geht und um die Bügel einzustellen. Wir sollten zuerst noch
den rechten Bügel aufnehmen und uns dann erst in den Sattel gleiten zu lassen,
um dem Pferd auf keinen Fall in den Rücken zu fallen. Auch hiermit sammelte der
Hof viele Punkte bei mir, die Pferde werden sehr gut behandelt und es wird auch
darauf geachtet, dass die Touristen das tun. Hier sind Pferde keine
Sportgeräte, sondern Lebewesen, die geachtet und respektiert werden.
Faszinierend auch, mit welcher Feinfühligkeit
die Pferd-Reiter-Paare gefunden werden. Bei Perla und mir hat von Anfang an
alles gepasst, Barbara bekam am dritten Tag noch ein anderes Pferd, ein
„powerfull horse“, das aber genau das richtige Pferd für sie war.
Auf den ersten Metern muss ich noch sehr
konzentriert geschaut haben, doch dann kamen die ersten Töltstrecken und ich
bekam das Strahlen nicht mehr aus dem Gesicht. So musste sich das also
anfühlen! Dank Ólafurs Einführung gelang es mir, mich einfach im Tölt tragen zu
lassen und den Bewegungen „smooth“ zu folgen. Nie hätte ich gedacht, dass ich
mich jemals so sicher im Gelände fühlen könnte. Allein für dieses Gefühl ein
herzliches Dankeschön!
Und wer Island kennt, weiß, wie grandios die
Natur ist, durch die man reitet und wie sehr es die Seele beflügelt, auf einem
tollen Pferd durch Zauberlandschaft zu tölten.
Reitest du noch oder töltest du schon? –
diesen Spruch habe ich vor einiger Zeitgelesen, der hat eine ganz neue
Dimension bekommen, spätestens nachdem Ólafur uns auf einer Schafweide
aufgefordert hat, mit ihm zu tanzen und die ganze Gruppe auf dem Zirkel töltete
oder in Schlangenlinien dieses unbeschreibliche Gefühl erlebte. Tölt sei tanzen
mit dem Pferd, Pass hingegen Bodybuilding. Und um tanzen zu lernen, waren wir
da.
Und es hat funktioniert. Nach dem Tagesritt
lag ich abends im Bett und töltete noch immer, spürte den Bewegungen nach und
wusste, ich würde diesen Tanz nie mehr vergessen.
Nein, wenn der Leser jetzt denkt, die Pferde
seien einfach auf Tölt programmiert und der Reiter müsse sich hier nicht
anstrengen, hat er sich gründlich getäuscht. Ich habe bisweilen einen deutlich
unbequemeren Trab zu spüren bekommen, wenn ich nicht richtig im Tölt-Feeling
war. Ich habe in der Woche reiterlich sehr viel lernen können.
Wir sind nahezu jeden Tag geritten und machten
dann noch einen Ausflug, so konnten wir den Süden Islands gut kennen lernen.
Bewundert habe ich immer wieder, wie gut Christiane alles organisiert hat. Für
uns war es ein entspannter Urlaub voller Eindrücke, dessen Gelingen aber von
Christiane und Ólafur Höchstleistung forderte – und das alles immer in einer
sehr freundlichen Atmosphäre. Zum Programm gehörten z. B. ein Besuch der
geheimen Lagune, der Goldene Zirkel und auch ein Ausflug ans Meer. Dank der
fundierten Kenntnisse von Christiane und Ólafur war schon die Fahrt immer sehr
informativ.
Schwer beeindruckt hat mich auch ein Gespräch
mit dem netten Nachbarn, der abends seine Pferde auf der Straße trainierte und
uns neidisch am Straßenrand stehen ließ, so wollten wir auch reiten können. Er
meinte, wir würden das alles zu kompliziert sehen, ein Pferd habe vier Beine
und könne laufen, der Mensch müsse in Balance sitzen und dann ginge es von A
nach B – das sei alles. Auch dieses Gefühl der Leichtigkeit möchte ich mir für
daheim bewahren.
Reiturlaub in Island – das war jahrelang ganz
oben auf der Liste mit Dingen, die ich unbedingt erleben wollte. Aber abgehakt
ist dieses Kapitel damit noch nicht, es gibt noch so viel zu entdecken und zu
erreiten.
Zum Glück habe ich das schönste Hobby der Welt
und kann immer wieder auf dem Rücken der Pferde einen kleinen Hauch von Island
spüren – bis zum nächsten Mal.
Ein Plan ging jedoch gründlich schief. In
allen Reiseführern, die ich vorbereitend gelesen hatte, wurde die isländische
Küche so geschildert, dass ich mir sicher war, nach dem Urlaub ein paar
überflüssige Pfunde los zu sein. Ich rechnete zwar nicht mit Schafskopf und
fermentiertem Hai, aber als Vegetarier unter Fleischessern war ich mir meiner
Sache sicher.
Dank Christianes Kochkunst und der überaus
reichlichen Verpflegung habe ich jedoch mehr Souvenirs mitgenommen, als mir
lieb ist. Um 9.00h erwartete uns immer ein tolles Frühstücksbuffet, mittags gab
es Suppe und Brotzeit und abends immer die leckeren neuen isländischen
Kartoffeln und Salat und Fleisch oder Fisch und für die Vegetarier immer noch
extra Getreidebratlinge oder Sojaschnitzel. – Nein, eine Diät sieht anders aus,
aber es war einfach nur gut.
Christiane und Ólafur wünsche ich alles Gute
und mir, dass der Hof so bleibt, wie er ist, bis ich wiederkomme.
Ursula Fleischmann
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