Freitag, 28. August 2015

Zum Tanzen nach Island - ein Reisebericht von Ursula Fleischmann :-)



Zum Tanzen nach Island…

Endlich war es soweit.
Wir wurden am Flughafen Keflavik abgeholt und konnten schon einige der anderen Reisenden kennen lernen und auf der Fahrt schon einen ersten Eindruck von Island aufnehmen. Christiane erzählte uns bereits auf der Fahrt sehr viel über die Insel und bei mir sickerte langsam die Erkenntnis durch, dass der Traum nun Wirklichkeit geworden war. Wie lange hatten wir dieser Situation entgegengefiebert und wie viele Gespräche hatten sich in den letzten Monaten nur um diese Reise gedreht, an die wir so große Erwartungen hatten. Und gleichzeitig waren wir drei, meine Freundin Barbara, ihre Tochter Pia und ich, total nervös, ob wir uns richtig entschieden hatten.
Auf dem Hof angekommen bezogen wir unsere Hütte. Diese war zwar klein, aber perfekt geplant und eingerichtet, wir fühlten uns sofort wohl. Und immer wieder mussten wir vors Haus, um die gute isländische Luft zu inhalieren.
Schnell merkten wir, dass wir am Ziel angekommen sind und dass vieles einfach anders war als in Deutschland, so gab es z. B. keinen Schlüssel zu unserer Hütte, weil man das einfach nicht braucht. Eine Gewissheit, die ich schnell schätzen lernte.
Noch nie in meinem Leben habe ich einen Urlaub so langfristig geplant und gebucht wie diesen. Anfangs taten wir uns schwer mit den vielfältigen Angeboten und der Einschätzung unserer Kenntnisse. Nicht überall wird deutlich erklärt, was vorausgesetzt wird. Und wir hatten schon die wildesten Gerüchte gehört. Ich schätzte mich bei der Buchung als belesene und motivierte Anfängerin ein und Barbara hatte bereits eine eigene Isländerstute und trotzdem wollten wir gemeinsam reiten können – ohne Angst von meiner und ohne Langeweile von Barbaras Seite.

Und dann fand Barbara den Hof Egilsstaðir 1 an der Südküste Islands im Internet. Der Hof wird von dem deutsch-isländischen Ehepaar Christiane Großklaus und Ólafur Lárusson geführt. Bereits die erste Mail wurde so nett beantwortet, dass wir sicher waren, unseren Hof gefunden zu haben, und die Reise buchten.
Beim ersten Abendessen lernten wir unsere Mitreisenden kennen. Es dauerte nicht lange und man fühlte sich in der Gemeinschaft wohl und freute sich auf die gemeinsamen Unternehmungen.
Besonders gespannt erwarteten wir immer die „Ansagen“, die meist von einer der Angestellten nach dem Essen gemacht wurden, wann und wie es weitergehen sollte.
Dir gefällt das Wetter nicht, dann warte fünf Minuten, dann gibt es ein anderes – empfiehlt eine isländische Redensart. Im Lauf unseres Aufenthaltes durften wir einiges vom isländischen Wetter kennen lernen. Und Christianes Vorhersagen trafen immer zu. Wir lernten ihr Organisationstalent schätzen, wir waren jeden Tag auf dem Pferd und jeden Tag machten wir einen schönen Ausflug – und immer war es genau richtig geplant.
Vor dem ersten Ausritt war ich mächtig aufgeregt, als eher ängstliche Reiterin malte ich mir schon aus, wie ich vom Ausritt überfordert mit letzter Kraft den Hof erreichen würde. – Mit einem reichlich mulmigen Gefühl machte ich mich an diesem Morgen auf den Weg zum Stall. Ólafur erwartete uns in der Sattelkammer und hielt uns auf Englisch einen begeisternden Vortrag über Tölt. Allein der war die Reise wert. Dann teilte er uns die Pferde zu und bevor wir die Pferde mit Nina und Anna holen gingen, bekam jeder seinen Sattel und seinen Helm und die Regenhosen. – Natürlich kam prompt, nachdem ich begeistert das erste Bild von mir im Sattel an die Familie geschickt hatte, die Frage, warum wir denn in Müllmänneruniform auf dem Pferd säßen… -
Spannend dann auch, das fremde Pferd in den Stall zu führen, in dem geputzt und gesattelt wird. Ich fand meine Perla schnell sehr sympathisch und entspannte etwas, zumal man sich immer und überall gut betreut fühlte. Im Stall mussten wir dann auch zum ersten Mal aufsitzen, um zu lernen, wie das geht und um die Bügel einzustellen. Wir sollten zuerst noch den rechten Bügel aufnehmen und uns dann erst in den Sattel gleiten zu lassen, um dem Pferd auf keinen Fall in den Rücken zu fallen. Auch hiermit sammelte der Hof viele Punkte bei mir, die Pferde werden sehr gut behandelt und es wird auch darauf geachtet, dass die Touristen das tun. Hier sind Pferde keine Sportgeräte, sondern Lebewesen, die geachtet und respektiert werden.
Faszinierend auch, mit welcher Feinfühligkeit die Pferd-Reiter-Paare gefunden werden. Bei Perla und mir hat von Anfang an alles gepasst, Barbara bekam am dritten Tag noch ein anderes Pferd, ein „powerfull horse“, das aber genau das richtige Pferd für sie war.
Auf den ersten Metern muss ich noch sehr konzentriert geschaut haben, doch dann kamen die ersten Töltstrecken und ich bekam das Strahlen nicht mehr aus dem Gesicht. So musste sich das also anfühlen! Dank Ólafurs Einführung gelang es mir, mich einfach im Tölt tragen zu lassen und den Bewegungen „smooth“ zu folgen. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich jemals so sicher im Gelände fühlen könnte. Allein für dieses Gefühl ein herzliches Dankeschön!
Und wer Island kennt, weiß, wie grandios die Natur ist, durch die man reitet und wie sehr es die Seele beflügelt, auf einem tollen Pferd durch Zauberlandschaft zu tölten.
Reitest du noch oder töltest du schon? – diesen Spruch habe ich vor einiger Zeitgelesen, der hat eine ganz neue Dimension bekommen, spätestens nachdem Ólafur uns auf einer Schafweide aufgefordert hat, mit ihm zu tanzen und die ganze Gruppe auf dem Zirkel töltete oder in Schlangenlinien dieses unbeschreibliche Gefühl erlebte. Tölt sei tanzen mit dem Pferd, Pass hingegen Bodybuilding. Und um tanzen zu lernen, waren wir da.
Und es hat funktioniert. Nach dem Tagesritt lag ich abends im Bett und töltete noch immer, spürte den Bewegungen nach und wusste, ich würde diesen Tanz nie mehr vergessen.
Nein, wenn der Leser jetzt denkt, die Pferde seien einfach auf Tölt programmiert und der Reiter müsse sich hier nicht anstrengen, hat er sich gründlich getäuscht. Ich habe bisweilen einen deutlich unbequemeren Trab zu spüren bekommen, wenn ich nicht richtig im Tölt-Feeling war. Ich habe in der Woche reiterlich sehr viel lernen können.
Wir sind nahezu jeden Tag geritten und machten dann noch einen Ausflug, so konnten wir den Süden Islands gut kennen lernen. Bewundert habe ich immer wieder, wie gut Christiane alles organisiert hat. Für uns war es ein entspannter Urlaub voller Eindrücke, dessen Gelingen aber von Christiane und Ólafur Höchstleistung forderte – und das alles immer in einer sehr freundlichen Atmosphäre. Zum Programm gehörten z. B. ein Besuch der geheimen Lagune, der Goldene Zirkel und auch ein Ausflug ans Meer. Dank der fundierten Kenntnisse von Christiane und Ólafur war schon die Fahrt immer sehr informativ.


Schwer beeindruckt hat mich auch ein Gespräch mit dem netten Nachbarn, der abends seine Pferde auf der Straße trainierte und uns neidisch am Straßenrand stehen ließ, so wollten wir auch reiten können. Er meinte, wir würden das alles zu kompliziert sehen, ein Pferd habe vier Beine und könne laufen, der Mensch müsse in Balance sitzen und dann ginge es von A nach B – das sei alles. Auch dieses Gefühl der Leichtigkeit möchte ich mir für daheim bewahren.
Reiturlaub in Island – das war jahrelang ganz oben auf der Liste mit Dingen, die ich unbedingt erleben wollte. Aber abgehakt ist dieses Kapitel damit noch nicht, es gibt noch so viel zu entdecken und zu erreiten.
Zum Glück habe ich das schönste Hobby der Welt und kann immer wieder auf dem Rücken der Pferde einen kleinen Hauch von Island spüren – bis zum nächsten Mal.
Ein Plan ging jedoch gründlich schief. In allen Reiseführern, die ich vorbereitend gelesen hatte, wurde die isländische Küche so geschildert, dass ich mir sicher war, nach dem Urlaub ein paar überflüssige Pfunde los zu sein. Ich rechnete zwar nicht mit Schafskopf und fermentiertem Hai, aber als Vegetarier unter Fleischessern war ich mir meiner Sache sicher.
Dank Christianes Kochkunst und der überaus reichlichen Verpflegung habe ich jedoch mehr Souvenirs mitgenommen, als mir lieb ist. Um 9.00h erwartete uns immer ein tolles Frühstücksbuffet, mittags gab es Suppe und Brotzeit und abends immer die leckeren neuen isländischen Kartoffeln und Salat und Fleisch oder Fisch und für die Vegetarier immer noch extra Getreidebratlinge oder Sojaschnitzel. – Nein, eine Diät sieht anders aus, aber es war einfach nur gut.
Christiane und Ólafur wünsche ich alles Gute und mir, dass der Hof so bleibt, wie er ist, bis ich wiederkomme. 

Ursula Fleischmann

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